Für mich als Archäologin gehörte es schon im Studium dazu, hin und wieder mal graben zu gehen. Die ersten Grabungserfahrungen macht man bei uns normalerweise auf so genannten Lehrgrabungen, die von der Uni organisiert werden und auf denen man unter sich ist: alles Anfänger_innen, die sich nicht schämen müssen, wenn sie mal mit der Schubkarre den Hang runtersegeln, weil sie die Technik noch nicht raus haben. Später muss man sich dann „echte“ Grabungen suchen und dort über einen bestimmten Zeitraum arbeiten, um den für die Prüfungszulassung notwendigen Schein zu bekommen (oder einfach, um Geld zu verdienen, wenn man das Glück hat, bezahlte Grabungsarbeit zu finden).
Auf einer solchen Grabung war ich also, es war ein sehr, sehr heißer Sommernachmittag und wir alle waren aufgrund der Hitze ziemlich am Ende. Ich hatte meine eigene Grube abseits von den anderen und sah von Weitem eine Besuchsdelegation vom Denkmalamt anrücken. Einer der älteren Herren fand seinen Weg zu mir. Er duzte mich und fragte nach meinem Namen, was ich bereits seltsam fand, aber da der Umgang im Denkmalamt insgesamt locker und familiär ist, blieb ich nett und höflich. Und dann plötzlich die Frage
„Ist das nicht anstrengend, so als Frau?“
Ich war erstmal sprachlos. Und fassungslos. Und wütend. Und fühlte mich hilflos, weil ich vor lauter Ungläubigkeit keine knackige Antwort parat hatte.
Ja, es ist anstrengend. Weil ich nicht einfach in Ruhe arbeiten kann. Weil meine Fähigkeit, zu schaufeln, Dinge zu tragen und eine Schubkarre zu fahren an meinem Geschlecht gemessen und mir abgesprochen oder zumindest angezweifelt wird. Weil ich beharrlich darauf bestehen muss, den Job zu machen, für den ich eingestellt wurde. Weil ich oft genug auch bei extremer Hitze das Mehrfache leiste, damit niemand auf die Idee kommt, ich sei zu schwach. Weil ich verhasste Arbeiten (Schubkarre fahren z.B.) nicht abgeben kann, ohne abzuwägen, ob das auf mein Geschlecht und eine vermeintliche daraus resultierende Unfähigkeit zurück geführt wird. Weil ich oft genug das Gefühl habe, nicht bei der Arbeit zu sein, sondern ständig darauf vorbereitet sein muss, an einer Front zu kämpfen, die sich plötzlich aus dem Nichts auftut. Weil immer wieder Kommentare wie der oben genannte kommen.
Je nach Mitarbeitern [sic] ist es mal mehr und mal weniger anstrengend. Mit einer normalen Grabungsbelegschaft aus Denkmalamtleuten und fortgeschrittenen Studierenden konnte ich bisher meistens ungehindert meiner Arbeit nachgehen. Aufgaben wurden sinnvoll und fair verteilt und jede*r musste bzw. durfte alles einmal machen. Sobald aber Grabungsanfänger und Grabungshelfer (Freiwillige – meist ältere Männer – oder Ein-Euro-Jobber) dabei waren, ging regelrecht der Kampf los. Meine Fähigkeit für Aufgaben, die ich bereits wochenlang durchgeführt hatte, wurde in Frage gestellt, mir wurden wohlmeinend schwere Arbeiten abgenommen oder sogar verwehrt, Kommentare wie „Das ist doch viel zu schwer für dich“ waren kein Einzelfall. Ich musste darum kämpfen, meine Arbeit durchführen zu können, mir den Mund fusselig reden, immer wieder (durch extra volle Schubkarren und erhöhtes Arbeitstempo trotz praller Sonne) beweisen, dass ich sehr wohl in der Lage bin, meinen Job zu machen. Und immer wieder pauschalisierende Kommentare über Männer und Frauen anhören, die Zähne zusammenbeißen und hoffen, dass sie es irgendwann kapieren.
Das alles ist unheimlich frustrierend und kraftraubend. Und auf Dauer durch die zusätzliche Arbeitslast und die Notwendigkeit zur ständigen Kampfbereitschaft zermürbend.
Ja, es ist anstrengend, so als Frau. Aber nicht, weil ich biologisch eine Frau bin. Sondern, weil mich Zuweisungen und Stereotype hemmen, behindern, nerven – und am Ende die Arbeit für alle erschweren.
Ja, es ist schwer, so als Frau. Nicht, weil ich eine Frau bin, sondern weil ich zu einer Frau* gemacht werde.
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