homosexualität – Der k_eine Unterschied Wir erobern die Nacht zurück! Wed, 15 Jul 2015 12:21:28 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.6.2 /wordpress/wp-content/uploads/2014/11/favicon_fb512-54735915_site_icon-32x32.png homosexualität – Der k_eine Unterschied 32 32 Bitte recht natürlich! /bitte-recht-natuerlich/ /bitte-recht-natuerlich/#comments Fri, 10 Jul 2015 18:34:26 +0000 /?p=1658 Continue reading Bitte recht natürlich! ]]> strawberries_sml

Immer wieder höre ich in Diskussionen irgendwo im Gebiet Feminismus das Argument: “Das ist doch nicht natürlich!” Oder, in der die eigene Argumentationslinie stützenden Variante: “Das ist eben natürlich!” Gerade neulich bin ich dem Argument wieder begegnet, als es ums Stillen ging: Stillen, ja, das ist natürlich! Und damit gut. Und Flaschennahrung ist unnatürlich. Und somit schlecht.
Interessant ist es schon, dieses Argument der Natürlichkeit. Denn wir als menschliche Spezies sind eigentlich nicht unbedingt für unsere Nähe zur Natur bekannt, eher das Gegenteil ist der Fall: Wir grenzen uns gerade durch unsere zivilisatorischen Errungenschaften von der Tierwelt ab.

Denken wir das fertig

Aber lassen wir das Argument zu: Natürlichkeit ist Unnatürlichkeit vorzuziehen. Wenn wir diesen Schritt machen, müssen wir allerdings auch betrachten, welche anderen Bereiche von unnatürlichen Veränderungen berührt sind.
Beginnen wir mit den vergleichsweise modernen Erfolgen unserer Zivilisation: Wir müssten ein Leben ohne Strom führen, ohne fließendes Wasser und ohne moderne Medizin. Antibiotika zählen dazu ebenso wie moderne Operationen , von Zahnersatz über die Entfernung der Galle bis hin zum Kaiserschnitt. Und wenn wir schon dabei sind: Zahnpflege generell ist ebenfalls eine vergleichsweise neumodische Erfindung , die wir keinesfalls als natürlich einordnen können.
Selbstverständlich müssten wir auch unsere Ernährung natürlicher gestalten. Ich spreche hier nicht von dieser Paläo-Diät, die sich gern an eingeflogenen exotischen Früchten (Avocados, anyone?), durch Kreuzung und Selektion optimiertem Gemüse oder gar Fleisch bedient. Nein, ich spreche davon, was jeder von uns als einzelner Mensch, ganz ohne unnatürliche Zivilisation, Ackerbau oder Jagdgemeinschaft an lokal vorhandenen Dingen essen kann. Da bleibt nicht viel übrig. Nicht umsonst betrug die durchschnittliche Lebenserwartung im Paläolithikum magere 33 Jahre , bevor sie vermutlich dank von Vieh übertragenen Krankheiten, Mord und Totschlag nach der neolithischen Revolution auf nur noch 20 Jahre sank.
Und dabei lebte der Mensch im Neolithikum bereits keineswegs mehr ganz natürlich. Schon hier existierten zivilisatorische Strukturen, Werkzeuge, ach, und unnatürliche Sprache.
Teufelszeug.

Wie natürlich ist Heteronormativität?

Auch in Sachen sexueller Identität und Orientierung erfreut sich das Natürlichkeitsargument großer Beliebtheit: Genau eine Paarung wird als “natürlich” proklamiert, die monogame Verbindung zwischen einem Cis-Mann und einer Cis-Frau. Aber wie natürlich ist diese Natürlichkeit, wenn wir einmal genauer hinschauen? Es gibt massenhafte Belege für Homo- und Bisexualität bei Tieren, so dass ich an dieser Stelle auf einige Überblicksartikel zu dem Thema verweisen möchte. Laut Wikipedia ist Homosexualität bei rund 1500 Tierarten nachgewiesen. Und was ist natürlicher, als das natürliche Verhalten natürlicher Tiere in der Natur?
Und auch unsere traditionellen Geschlechterrollen, die einige Menschen bereitwillig als natürlich voraussetzen, wackeln stark. Denn bei genauer Betrachtung schält sich heraus, dass die historische Zuweisung von Menschen zu Geschlechterrollen an sich nicht so simpel ist , wie manche Historiker*innen und Archäolog*innen das in der Vergangenheit gern dargestellt haben.

Ein anderer Argumentationszweig befasst sich mit der Natürlichkeit von Sex zum Zweck der Fortpflanzung. Natürlich ist demnach, was Kinder zeugen kann.
Interessanterweise höre ich dieses Argument oft von sexuell aktiven Heterosexuellen, bei denen ich davon ausgehe, dass ihre Kinderlosigkeit bewusst herbeigeführt ist, sprich: auf unnatürlichen Verhütungsmitteln basiert. Sex, der allein dem Spaß dient statt unserer Fortpflanzung, ist in logischer Konsequenz dieses Arguments unnatürlich. Genau wie Partner*innenschaften von Menschen, die keine Kinder zeugen können. Heißt das, dass unfruchtbare Menschen nur unnatürlichen Sex haben können? Und dürfen sie Sex haben, wenn er doch keine Kinder hervorbringen kann?
Und wie sieht es bei Sex im Alter aus, kann der noch als natürlich gelten, wenn aus dem Geschlechtsakt keine Kinder entspringen können?

Natürlichkeit als Ergebnis von Interpretation

Wenn wir hier noch einen Schritt weiter denken, stoßen wir auf die nächste Frage: Wie natürlich kann unsere binäre Geschlechtszuweisung überhaupt sein, wenn es eine Vielzahl von chromosomalen, gonadalen, hormonellen oder anatomischen Merkmalen gibt, entlang derer wir Geschlecht erst definieren müssen? Wie viele Geschlechter bekommen wir, wenn wir auch nur einige dieser Faktoren durchvariieren ? Erweitern wir dies noch um den ethnologischen Blick auf Kulturen , die selbstverständlich mehr als zwei Geschlechter kennen oder andere Zuordnungen zu Geschlechtern leben, stellt sich schnell die Frage, ob wir durch die Masse der heteronormativen, binärgeschlechtlichen Darstellung in unserem Kulturkreis zwangsläufig von Natürlichkeit sprechen dürfen.

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Was bleibt also übrig von der heraufbeschworenen Natürlichkeit? Wenn wir konsequent sind: Nichts. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Menschen, die “natürliche Geschlechterrollen”, “natürliche Sexualität” oder “natürliche Babyernährung” fordern, Natürlichkeit in der letzten Konsequenz wollen würden.
Womit das Argument beliebig wird: Wenn jede*r frei definieren kann, was natürlich ist und was nicht, haben wir es nicht mehr mit einem Argument zu tun, sondern bestenfalls mit einer polemischen Floskel, die dann verwendet wird, wenn gerade ein Totschlagargument fehlt.

Ich für meinen Teil lasse mein Verhalten nicht in den Kategorien “natürlich vs. unnatürlich” bewerten. Ihr seht ja, wo das hinführt!

tl;dr: Bei “Natürlichkeit” handelt es sich um ein Pseudoargument, das die Nutzenden so verwenden, wie es ihnen in den Kram passt. Es ist ungültig.

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Metalheads 2: Back in Black /metalheads-2-back-in-black/ /metalheads-2-back-in-black/#respond Mon, 02 Mar 2015 07:13:04 +0000 /?p=1205 Continue reading Metalheads 2: Back in Black ]]> Metalheads-Logo

Back in Black

Back in black
I hit the sack
I’ve been too long I’m glad to be back
Yes I’m let loose
From the noose
That’s kept me hanging about
Lookin‘ at the sky
‚Cause it’s gettin‘ me high
Forget the hearse ‚cause I’ll never die
I got nine lives
Cat’s eyes
Abusin‘ every one of them and running wild

‚Cause I’m back
Yes I’m back
(…)
Well I’m back in black
Yes I’m back in black  (…)

Auszug aus Back in Black, AC/DC (1980)

Souls of Black

Müsste man dem Musikstil Heavy Metal eine (Kleider-)Farbe zuordnen, dann wäre das mit Sicherheit Schwarz. Auch wenn gerade kein passendes Bandshirt zur Hand ist – mit schwarzen Jeans und einem schwarzen T-Shirt kannst du auf einem Metalkonzert erst mal nichts verkehrt machen. Von AC/DCs Back in Black über Metallicas Schwarzes Album bis hin zum Genre des Black Metal – die Farbe Schwarz ist allgegenwärtig. Und zudem ist sie verblüffend konstant: Während Modefarben kommen und gehen, bleibt es im Metal über Jahre und Jahrzehnte hinweg beim unbunten Schwarz. Viele Metalheads, darunter auch wir beide, tragen auch im Alltag oder zu Anlässen, zu denen Metal-typische Kleidung nicht passen würde,  gerne schwarz. Die wenigsten fragen sich, warum das so ist.

Hier lohnt ein kurzer Blick in die europäische Kulturgeschichte, wo der Farbe Schwarz ein besonderer Stellenwert zukommt: Sie wird mit Tod, Trauer, Melancholie und Demut ebenso in Verbindung gebracht wie mit Macht, Stärke und Schutz. Schwarze Kleidung versinnbildlicht das Streben nach Wahrhaftigkeit und Authentizität, weshalb sich viele ideologische und elitäre Gruppen gerne in einheitliches Schwarz kleiden.

In den 1950er Jahren erhält die Farbe Schwarz erstmals Eingang in die Jugendkultur. In dieser Zeit beginnen vor allem im US-amerikanischen Raum männliche* Jugendliche durch das Tragen von schwarzen Lederjacken ihre Zugehörigkeit zur Szene der sogenannten „Halbstarken“ zu signalisieren. Neben praktischen Aspekten – ein wichtiges Statussymbol innerhalb der Szene ist das Motorrad – soll die schwarze Lederkleidung auch ein Ausdruck von Stärke, Unabhängigkeit und Gewaltbereitschaft der Gruppe sein. Die Kleidercodes dieser Jugendkultur wurden von Film und Fernsehen aufgegriffen und prägen bis heute das Bild von maskuliner* Unabhängigkeit.

Jolly Roger_02 Ab den 1980ern bildet sich in Europa langsam die sogenannten „Schwarzen Szene“ heraus, eine heterogene Subkultur, die aus unterschiedlichen Musikrichtungen und Modestilen gespeist wird, darunter Gothic Rock, Gothic/Symphonic Metal, Electro, Industrial, Neofolk, Folk Metal, Mittelaltermusik bis hin zu Neuer Deutscher Härte und Black Metal. Die Szenegänger*innen eint neben ihrer Vorliebe für die Farbe Schwarz auch eine gemeinsame Weltanschauung bzw. ein damit verbundenes speziell codiertes Zeichensystem, das oft von Todessymbolen (Schädel) oder heidnischen Symbolen (Runen) geprägt ist. Themen wie gesellschaftliche Tabus, Philosophie, Esoterik und vorchristliche Religionen stehen im Mittelpunkt; die Kleidungsfarbe Schwarz dient zur Abgrenzung von der bunten „Spaßgesellschaft“.

Under Jolly Roger

Und Abgrenzung von der „Spaßgesellschaft“ tut oft Not, denn längst nicht jede*r hat zu dieser Zugang. Queere Kinder und Jugendliche haben es bis heute nicht leicht – umso weniger, wenn sie wie wir beide auf dem Land aufwachsen, wo alles noch in geregelten/(hetero-)normativen/genderstereotypen Bahnen zu verlaufen hat. Unsere Selbstfindung verlief nicht weniger turbulent, aber doch anders als die der Gleichaltrigen. Während um uns herum die Dorfjugend mit heterosexuellen Paarungsritualen beschäftigt war – im Sommer gab es dafür den katholischen Jugendtreff und den Trachtenverein, im Winter die Eisdisco – verfestigte sich in uns ein Gefühl von Nicht-Zugehörigkeit, Anders-Sein und Ausgrenzung. Die räumliche Entfernung zu jeder Art von LGBITTQ-Szene und der Mangel an Internet (Ja echt! Das gab’s mal nicht!) machte einen Austausch mit Gleichgesinnten unmöglich. Unsere Reaktion? Wir schlossen uns einer Gegenkultur an, die für uns über TV und Zeitschriften erreichbar war, und die uns total faszinierte: Metal!

Back in Black Wir begannen, uns ausschließlich in Schwarz zu kleiden und behielten diese Gewohnheit gegen alle Widerstände für mehrere Jahre bei. Die schwarze Kleidung wurde Ausdruck unseres Anders-Seins, das für uns so nicht nur fühl- und lebbar, sondern in einem Akt des trotzigen Aufbegehrens auch nach außen hin sichtbar gemacht werden konnte. Vervollständigt wurden unsere Outfits durch Lederjacken, Kutten und den T-Shirts unserer jeweiligen Lieblingsbands. In der Zeit vor den Girlie-Shirts war diese Kleidung ausschließlich für Männer* bzw. Jungs* gedacht und geschnitten – wir liefen also faktisch in Männer*kleidung herum.

Mit der Übernahme der Bekleidungs-Codes des Heavy Metal eigneten wir uns – mehr oder weniger unbewusst – männlich konnotierte Insignien an, die uns Freiheit versprachen. Und zwar Freiheit von dem bereits seit unserer Geburt vorgezeichneten Leben innerhalb heteronormativer sowie geschlechtsbinärer Normen. Unsere Umwelt reagierte auf unsere Verweigerung femininer Verhaltensweisen mit Unverständnis und der Aufforderung, doch endlich auch mal etwas „Hübsches“ anzuziehen wie die anderen Mädchen* – denn schließlich sollten auch wir beide ja mal einen Mann* abbekommen.

Bis heute manifestiert sich für uns in der Ablehnung bunter Bekleidung unsere Verweigerung gegenüber allzu femininer und unpraktischer Mode mit ihrem Diktat der wechselnden (Mode)Farben – und damit der impliziten Aufforderung ständig hübsch, sexy und für andere erkennbar weiblich* aussehen zu müssen.

Unsere Vorliebe für die maskulinen Outfits unserer Metal-Vorbilder war allerdings mehr als bloßes Cross-Dressing: Wir wollten weg von der als normal und natürlich angesehenen Geschlechterbinarität, welche Menschen ganz klar vorschrieb, was sie auf Grund ihres Geschlechtes zu tun und zu unterlassen hatten. Über den Metal kamen wir in Kontakt mit Männern* bzw. einer Männlichkeit*, die ebenfalls vom Mainstream abwich, denn auch „die Langhaarigen“ galten im dörflichen Umfeld als alles andere als normal. Mit diesem Hinterfragen von Geschlechternomen erschufen wir beide für uns letztlich eine eigene Geschlechtsidentität als Metalheads: Irgendwie keine Frauen*, irgendwie keine Männer*, vielleicht irgendwas dazwischen oder vielleicht auch keines von beidem. Im Zweifel immer Fuck You!  Dieses Gefühl der Verortung zwischen vorgegebenen Kategorien – des nicht eindeutig Zuordnen-Könnens – ist uns bis heute geblieben. Genau wie unsere Vorliebe für Metal als Musikrichtung und Kultur, in der wir uns einfach heimisch und verwurzelt fühlen.

Lesetipps zum Thema Schwarze Szene und Symbolik:

  • Arvid Dittmann: Schwarz als Farbe jugendlicher Subkulturen. In: Alexander Nym (Hg.): Schillerndes Dunkel. Geschichte, Entwicklung und Themen der Gothic-Szene. Plöttner Verlag, 2010.
  • Judith Platz / Alexander Nym / Megan Balanck: Schwarze Subgenres und Stilrichtungen.In: Alexander Nym (Hg.): Schillerndes Dunkel. Geschichte, Entwicklung und Themen der Gothic-Szene. Plöttner Verlag, 2010.
  • Christiane Ana Buhl: Tod, Vergänglichkeit und Düsternis. Der Schädel in der Ästhetik und dem Weltbild der Schwarzen Szene. In: Alfried Wieczorek u. Wilfried Rosendahl (Hg.): Schädelkult. Kopf und Schädel in der Kulturgeschichte des Menschen. Regensburg 2011.

Weiterführende Links zu den Themen queere Identität und Pink/Rosa:

  • Queere Maskulinität: Wie ich Butch wurde
  • @distelfliege: Ich bin nichts für Ungut (Coming out für Heten)
  • @phraselnd: Mein Rosa
  • Kritik an Pink Stinks: Pink stinkt nicht!

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Metalheads 1: Breaking the Law /metalheads-1-breaking-the-law/ /metalheads-1-breaking-the-law/#comments Mon, 01 Dec 2014 11:31:09 +0000 /?p=1178 Continue reading Metalheads 1: Breaking the Law ]]> Metalheads-Logo

Breaking the Law

There I was completely wasting, out of work and down
all inside it’s so frustrating as I drift from town to town
feel as though nobody cares if I live or die
so I might as well begin to put some action in my life

Breaking the law, breaking the law
Breaking the law, breaking the law
Breaking the law, breaking the law
Breaking the law, breaking the law

So much for the golden future, I can’t even start
I’ve had every promise broken, there’s anger in my heart
you don’t know what it’s like, you don’t have a clue
if you did you’d find yourselves doing the same thing too

Breaking the law, breaking the law
Breaking the law, breaking the law
Breaking the law, breaking the law
Breaking the law, breaking the law

You don’t know what it’s like

Judas Priest (1980)

A touch of evil

Als männliche Homosexualität im Jahre 1968 in England legalisiert wurde, war Rob Halford 17 Jahre alt. Für die Nicht-Metalheads da draußen: Rob Halford ist der Frontman der britischen Band Judas Priest, welche ihrerseits als erste echte Heavy Metal Band überhaupt gilt, da sie die fundamentalen Elemente des Classic Metal festlegte. Diese bestehen im Wesentlichen aus opernartigem, virtuosem Tenorgesang kombiniert mit einer spezifischen Klangfarbe der Gitarren, welche durch starke Verzerrung vor allem die Ober- und Unterfrequenzen betont. Um die Wirkung noch zu verstärken, wird das Ensemblespiel der Gitarren zumeist parallel geführt. Damit trotz des stark verzerrten Sounds die Kontrolle über die Pulse behalten bleibt, kommt die Palm-Mute-Technik zum Einsatz. Kurz gesagt: Es geht um die Erzeugung eines möglichst bombastischen, brutalen Sounds, der jedoch durch den Einsatz verschiedenster musikalischer Mittel immer streng kontrolliert wird.

Judas is rising

Doch damit nicht genug. Judas Priest waren nicht nur musikalisch stilbildend, sondern prägten auch den über Jahre gültigen und teilweise bis heute wirksamen „Dresscode“ des Heavy Metal, bestehend aus schwarzem Leder, Nieten und viel nackter Haut. Was lange Zeit niemandem auffiel: Diese Outfits stammten aus der Homosexuellenszene, insbesondere der schwulen SM-Szene. (Achtet bei der Liveaufnahme von „Breaking the Law“ doch mal auf die Handschellen an Rob Halfords Gürtel. 😉 )

Judas_Priest

Die schwule Lederszene, deren Insignien bald auch von der Lesbenszene aufgegriffen wurden, ging ihrerseits aus der Motorrad-Subkultur hervor. Das Motorrad wiederum ist ein fester Bestandteil der Bühnenshows von Judas Priest. Rob Halford fährt damit auf die Bühne, posiert und gibt – lasziv an den Lenker gelehnt – die Zugabe Hell Bent for Leather. (Falls ihr Lust habt: Hier findet ihr ein vollständiges Konzert von 1984 samt Zugabe.) Doch obwohl sowohl die Bühnenshow als auch die Texte der Band deutliche Anspielungen auf homosexuelles Begehren enthielten, sollte es noch bis 1998 dauern, bis der inzwischen 47-jährige Rockstar als erster Heavy-Metal-Musiker überhaupt öffentlich über seine Homosexualität sprach.

„I think that most people know that I’ve been a gay man all of my life, and it’s only been in recent times it’s an issue that I feel comfortable to address … something that I feel has a moment, and this is the moment to discuss it.“

„Ich glaube, die meisten Leute wissen, dass ich schon mein ganzes Leben lang ein schwuler Mann bin, aber erst seit kurzem fühle ich mich wohl dabei, dieses Thema anzusprechen…. etwas, von dem ich glaube, dass es einen Zeitpunkt hat und jetzt ist der Zeitpunkt, um darüber zu reden.“

– Rob Halford, 1998

Living after Midnight

Spätestens seit dem Coming Out des Sängers werden die Texte der Band allgemein auch als subversive Anspielungen auf homosexuelles Begehren verstanden; im Subtext war diese Bedeutungsebene allerdings von Anfang an vorhanden. So erzählt der Song „Breaking the Law“ eben nicht nur die Geschichte einer freiwilligen Gesetzesübertretung, sondern auch die Tragödie und das trotzige Aufbegehren all jener, deren Sexualität gegen die Regeln verstößt – egal ob es sich dabei um geltendes Recht oder gesellschaftliche Konventionen handelt.

Dieses automatische Wahrnehmen des Subtextes ist übrigens typisch für Angehörige der Queer-Community. Der Grund dafür ist einfach: Es geht gar nicht anders. Bis heute gibt es kaum Darstellungen von queeren Lebensrealitäten. Wenn deine eigene Geschichte aber nie erzählt wird, bleibt dir nichts anderes übrig, als auf Subtexte auszuweichen. So mag beispielsweise der Song „ Living after Midnight“ auch für straighte cis-Jugendliche ansprechend sein, die darin die Beschreibung einer gelungenen Disco-Nacht erkennen. All jene aber, die ein Doppelleben führen müssen und deren „wahres Leben“ deshalb erst nachts und heimlich in einer verborgenen Community beginnt, können in Textzeilen wie „ I come alive in the neon light“ ihre eigene Geschichte erkennen.

Hell bent for Leather

Die BDSM-Szene, aus der Rob Halford die Insignien des Heavy Metal entlehnte, ist eine Subkultur, die bis heute als so anrüchig gilt, dass selbst heterosexuelle Praktizierende ihre Neigung für gewöhnlich geheimhalten. Kritik am BDSM kommt dabei aus den verschiedensten Richtungen. Auch manche feministische Strömungen weisen teils vehement darauf hin, dass beim BDSM Herrschaftsverhältnisse reproduziert würden, was eine selbstbestimmte weibliche Sexualität angeblich ausschließe. Was die Kritiker_innen dabei aber oft übersehen: BDSM basiert auf klaren Regeln und Absprachen und ist absolut consensual. Es geht nicht um die Ausübung von Gewalt, sondern lediglich um ein Spiel mit Illusionen. ( Hier gibt es übrigens einen sehr lesenswerten Artikel zu BDSM, weiblicher Sexualität und Feminismus auf Kleinerdrei.)

So gesehen verwundert es nicht, dass eine der Wurzeln des Metal im BDSM liegt. Denn auch, wenn es nach außen hin manchmal etwas brachial aussieht: Beim Metal geht es nicht um Gewalt, sondern um die Illusion von Gewalt, die durch das Einhalten strenger Regeln kontrolliert und kanalisiert wird, so dass sie einen empowernden Safe Space bildet. Und genau dieser Safe Space kann eine gedankliche Zuflucht für alle jene sein, die sich in der „normalen Welt“ nicht so richtig zu Hause fühlen. Darunter möglicherweise auch Rob Halford, der auf der Bühne die Codes einer Sexualität abfeiert, die bis heute in vielen Ländern kriminalisiert wird.

Lesetipp :

Wer sich hauptsächlich für Heavy Metal als Musik interessiert, dem sei dieses Buch ans Herz gelegt:

Dietmar Elflein: Schwermetallanalysen. Die musikalische Sprache des Heavy Metal. Bielefeld 2010.

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Metalheads – All we are /metalheads/ /metalheads/#comments Wed, 26 Nov 2014 13:44:27 +0000 /?p=1175 Continue reading Metalheads – All we are ]]> metalheads All we are

All we are
all we are, we are
we are all, all we need

All we are
all we are, we are
we are all, all we need

There’s beauty in the heart of a beast
fear behind the eyes of a thief
i know, you know we’re all incomplete
lets get together
and lets get some relief

stronger than a mountain of steel
faster than hell on wheels
we’ve got we’ve got all the power we need
lets build a playground on this old battelfield

now we’re stronger
we no longer want you bringin‘ us down
we’ve got the magic
so we’re gonna spread the magic around yeah!

Now we’re stronger
we no longer want you pushin’us

Warlock – All we are (1987)

Als ich in der 9. Klasse war, geschahen zwei Dinge, die alles für immer veränderten:

Bones schneite in mein Leben. Und brachte eine Musik mit, die jede mir bis dahin bekannte Ordnung in Frage stellte. Laut, gefährlich und unangepasst. Diabolisch und verboten. Schon der Name war gleichzeitig toxisch und verheißungsvoll: Heavy Metal.

Da wurde zu verzerrten Gitarren gebrüllt, Männer hatten lange Haare und Frauen trugen Lederjacken. Sogar der Teufel galt als gar nicht mal sooo übel, schließlich hatte er seinerzeit Machtstrukturen hinterfragt und wurde dafür aus dem Himmel geworfen. (Das hatte ihm aber nicht nachhaltig geschadet, denn er hatte ja sehr erfolgreich seinen eigenen Laden aufgemacht; einen Laden, zu dem wir – die Metalheads – irgendwie auch gehörten.)

Kurz gesagt: Ich fand eine Welt, in der es Nischen für mich gab. Eine Welt, die mir Sicherheit und Halt bot, während die dörfliche Lebensrealität um mich herum immer absurder und irrsinniger wurde. Eine Welt, deren Symbolsprache ich verstand. Lange bevor ich mein Coming Out hatte, mich in feministische Theorien einlas und auf die Queer Studies stieß, fand ich im Heavy Metal das Versprechen, dass es in Ordnung ist, anders zu sein. Eine Welt, die Unangepasstheit feierte.

Stiefel
Und obwohl viele wohlmeinende Menschen nicht müde wurden, Bones und mir immer wieder zu versichern, dass es sich bei unserer Schwärmerei für diese Musikrichtung ja nur um eine Phase handelte, blieb der Metal uns treu. Über die Jahre veränderten wir uns und damit auch unseren Zugang und unsere Fragestellungen. Was blieb, war Heavy Metal als riesengroße Metapher für die Möglichkeit, außerhalb der Normalität zu leben. Auch und gerade, wenn du nicht hetero und cis bist.

Mit unserem queeren Blick auf Metal wollen Bones und ich in Zukunft hier bloggen. Ihr dürft also gespannt sein auf unsere Serie „Metalheads“. Und falls ihr Lust auf Musik habt: Hier performt die großartige Doro Pesch live auf Wacken. 😉

Übrigens – falls das nicht eh schon klar ist: Unser Zugang ist absolut subjektiv. Uns ist außerdem bewusst, dass es im Heavy Metal sehr wohl Sexismus, Heterosexismus und Rassismus gibt. Wir werden das zu gegebener Zeit auch thematisieren.

In erster Linie geht es uns in dieser Serie allerdings darum, queere Räume zu zeigen und unsere ganz persönlichen Erfahrungen und Gedanken zu teilen. Wir wollen keineswegs Erfahrungen abwerten, die andere Menschen in diesem Zusammenhang gemacht haben.

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Toleranz – Wer muss sich was gefallen lassen? /toleranz-wer-muss-sich-gefallen-lassen/ /toleranz-wer-muss-sich-gefallen-lassen/#comments Tue, 11 Nov 2014 18:33:38 +0000 /?p=1132 Continue reading Toleranz – Wer muss sich was gefallen lassen? ]]> stinkfing5 Mir ist gerade der Kragen geplatzt. Die ARD ruft zu so genannten „Toleranzwochen“ auf, um in verschiedenen Sendungen von selbsternannten Expert_innen mal wieder durchdiskutieren zu lassen, was sich Leute, die ohnehin schon privilegiert sind, noch alles von Diskriminierten gefallen lassen müssen – und was nicht.

Wer Genaueres darüber erfahren möchte, kann das hier nachlesen: Toleranzwoche bei der ARD: Spiel ohne Reflexion

Ich hab diese Verachtung so satt! Ich bin eine lesbische Frau*. Und ich frage mich, was wir – die “Unnormalen” – uns eigentlich noch alles bieten lassen müssen. Und ob meine Toleranz gegenüber Privilegierten nicht langsam am Ende ist. Deshalb möchte ich die ARD und diejenigen, die als sogenannte „Norm“ und Mehrheit gelten, auch mal was fragen:

Müssen wir es uns gefallen lassen, nicht die gleichen Rechte wie unsere Mitbürger_innen zu haben?

Müssen wir es uns gefallen lassen, in den öffentlich rechtlichen Programmen diskreditiert zu werden? Damit es weiter salonfähig bleibt, unser Leben und unsere Menschenwürde zu diskutieren?

Müssen wir es uns gefallen lassen, als öffentliches Ärgernis zu gelten, wenn wir uns einfach im Alltag frei auf der Straße bewegen?

Müssen wir es uns gefallen lassen, dass unser Intimleben ständig als pervers, gestört und unnormal bezeichnet wird?
IHR MACHT MICH KRANK!

Müssen wir es uns eigentlich gefallen lassen, von anderen nie gefragt zu werden, was wir uns alles gefallen lassen müssen?

Wo ist eure Empathie? Wo ist eure Menschlichkeit? Eure Nächstenliebe? Fragt uns doch einfach mal! Wie es uns bei alldem geht. Wie weh das tut, ständig verletzt zu werden und von anderen nur ein Schulterzucken zu kassieren, wenn eins diese Probleme anspricht.

„tolerare“ = erleiden, erdulden : Wir leiden unter euch , verdammte Scheiße, nicht umgekehrt.

[Tipp: Zum Begriff Toleranz hat @sanczny auch schon Gedanken aufgeschrieben: Toleranz ist Nettigkeit für Menschen, die anders sind, nachdem wir sie anders gemacht haben.

Und noch ein kurzer und wichtiger Nachtrag:

Die SZ hat das Thema genau mit dem richtigen Fingerspitzengefühl behandelt: Hier berichten Diskriminierte über ihre Erfahrungen im Alltag. Damit wird sehr gut vor Augen geführt, wie sich hinter scheinbar harmlosen Fragen/Kommentaren Rassismus, Ableismus, Heterosexismus versteckt – und wie Betroffene unter diesen beständigen Sticheleien leiden: Ausgrenzen mit vier Buchstaben

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Coming Out /coming-out/ /coming-out/#comments Sun, 26 Jan 2014 10:47:14 +0000 /?p=619 Continue reading Coming Out ]]> „Es ist mir doch egal, was die Leute daheim im Bett machen, das geht doch niemanden etwas an! Als wenn das heute noch so eine große Sache wäre.“

Wenn Heterosexuelle über Homosexualität diskutieren, kommt dieses Statement. Immer. Und vor allem kommt es bei jedem Coming Out von Prominenten. Meistens ist es nett gemeint. Hilft aber nichts, denn es ist falsch. Sowas von falsch!

Angst

Es geht nicht darum, was wir im Bett machen. Es geht darum, was wir draußen machen. Für uns geht es darum, dass die Öffentlichkeit vermintes Gelände ist. Ein falscher Schritt, eine falsche Geste und dir fliegt dein Leben um die Ohren. Also Vorsicht. Immer. Pass auf, worüber du sprichst, wenn Leute zuhören könnten. Komm bloß nicht auf die Idee, im falschen Moment nach der Hand deines Lieblingsmenschen zu greifen. Jemand könnte es sehen und herumerzählen. Pass dich an. Fall nicht auf. Mach dich unsichtbar.

Das mag jetzt seltsam klingen, übertrieben, vielleicht sogar paranoid. Um unsere Angst zu verstehen, muss man wissen, wo und wann wir aufgewachsen sind. Wir kommen vom Dorf . Aus Bayern. Als Kinder bekamen wir die AIDS-Hysterie der 80er mit, ohne sie zu verstehen. Wir schnappten hie und da ein paar Begriffe auf. Schwulenkrankheit. Lustseuche. Meldepflicht. Absonderung. Wer sich die Details geben will, kann unter anderem hier nachlesen.

Mit uns hatte das damals alles nichts zu tun, aber es bestimmte den Kontext, in dem Homosexualität wahrgenommen wurde – auch von uns. Es war abartig, krank, gefährlich und vor allem weit weg. Dann kamen die 90er. Walter Sedlmayr wurde ermordet und längst nicht alle hatten Mitleid mit ihm. Freddy Mercury starb und wurde auf MTV betrauert. Das Konzert ihm zu Ehren sahen wir gemeinsam. Zwei beste Freundinnen.

Unsichtbarkeit

Zwei Jahre später kamen wir zusammen. Nach außen hin blieben wir beste Freundinnen. Wir haben nie auf der Straße Händchen gehalten. Wir haben uns nie in der Öffentlichkeit geküsst. Wir lernten, aus den Augenwinkeln zu kontrollieren, ob alle Türen und Fenster geschlossen waren.

Uns blieben unsere Gefühle lange fremd. Es gab weder Vorbilder noch Worte, um unsere Beziehung zu definieren. Homosexualität fand damals vor allem in nachmittäglichen Talk-Shows statt, in denen alles „Unnormale“ in einen Topf geworfen wurde. Schräge Vögel schrien einander an. Eine einzige Freak-Show. Uns betraf das nicht, zumindest redeten wir uns das ein. Wir lebten von Tag zu Tag und nutzten jede Chance, um zusammen zu sein. Wir begannen uns von anderen abzuschotten, um die gemeinsame Zeit auszudehnen. Nach außen hin galten wir als Spätentwickler, weil wir uns nicht für Jungs interessierten. In diese Nische flüchteten wir uns. Die Tage wurden zu Jahren und wir wuchsen zusammen. Was blieb, war die Angst. Angst davor, aufzufliegen. Angst, die Nischen zu verlieren, die wir uns geschaffen hatten. Diese Angst hat sich tief in uns eingefressen.

Machtdemonstrationen

Inzwischen sind wir seit 20 Jahren zusammen. Wir kümmern uns um einander, stärken uns gegenseitig und teilen unser Geld. Wir gehen gemeinsam durchs Leben. Wir lieben einander. Wir kämpfen für einander. Gesetzlichen Schutz haben wir nicht.

Nein, die sogenannte „Homo-Ehe“ ist keine richtige Ehe. Jeder kleine Krümel an Rechten muss juristisch erkämpft werden. An manchen Tagen fühlt es sich an wie Fortschritt. An den meisten Tagen ist es nichts anderes als eine Machtdemonstration. Jeder einzelne Prozess, der um ein wenig Gleichberechtigung geführt werden muss, ist im Grunde eine Machtdemonstration derer, die uns nicht die gleichen Rechte zugestehen wollen, die sie selbst in Anspruch nehmen. Sie geben uns dadurch zu verstehen, dass sie unsere Liebe für minderwertig halten. Unsere Beziehung für unreif. Und uns für falsch.

Sie zeigen uns das jeden Tag. Nicht nur in den Nachrichten. Sie zeigen es uns in Filmen und Fernsehserien, wenn Figuren explizit darauf hinweisen, dass sie nicht schwul sind. Sie zeigen es uns dadurch, dass es für homosexuelle Figuren kein Happy End gibt, weil sie im Laufe der Handlung ermordet werden. Oder dadurch, dass Menschen wie wir einfach nicht vorkommen. Das ist so gut wie immer der Fall und gilt dann als normal.

Sichtbarkeit

Darum ist es so wichtig, wenn Prominente ein öffentliches Coming Out haben. Menschen, die nicht von klischeeverliebten Drehbuchschreibern (die männliche Form ist hier bewusst gewählt) erfunden wurden, sondern Teil der Gesellschaft sind.

Bei einem Coming Out geht es nicht um sexuelle Vorlieben. Es geht darum, dass homosexuelle Menschen sich in der Öffentlichkeit sichtbar machen. Und vor allem geht es darum, dass Homosexuelle Vorbilder bekommen.

Mut

Filme und Serien sind voller männlicher, heterosexueller Helden, mit denen männliche, heterosexuelle Menschen sich identifizieren können. Ironischerweise sind männliche Heterosexuelle gerade die gesellschaftliche Gruppe, die für ihr alltägliches Handeln am wenigsten Heldenhaftigkeit benötigt. Den Mut brauchen die anderen. Diejenigen, die in der medialen Repräsentation so gut wie nie vorkommen. Den Mut brauchen wir.

Es braucht Mut, jeden Tag zur Schule oder zur Arbeit zu gehen und die offene Homophobie von LehrerInnen, MitschülerInnen oder KollegInnen auszuhalten. Es braucht Mut, im Kreise der Familie bei jedem Gespräch abzuwägen, wie viel Wahrheit die eigenen Eltern heute vertragen können. Es braucht Mut, den geliebten Menschen in der Öffentlichkeit zu küssen und die Blicke zu ignorieren.

Wir brauchen Mut für tausend kleine Handlungen. Für den ganz normalen Alltag. Denn anders als für Prominente ist es für uns nicht damit getan, einmal öffentlich zu erklären, dass wir homosexuell sind. Unser Coming Out findet täglich statt. Bei jedem Kuss im Restaurant. Bei jedem Händchenhalten auf der Straße. Bei jeder neuen Arbeitsstelle. Ein Leben lang. Es braucht Mut, sich jeden Tag wieder sichtbar zu machen.

Bei einem Coming Out geht es nicht darum, was Menschen im Bett machen.Es geht um Sichtbarkeit. Es geht darum, Raum für sich und sein Leben einzufordern. Und das ist eine verdammt große Sache.

Ein Gemeinschaftstext von Wildfang und Bones

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