privilegien – Der k_eine Unterschied Wir erobern die Nacht zurück! Wed, 15 Jul 2015 12:21:28 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=4.6.1 /wordpress/wp-content/uploads/2014/11/favicon_fb512-54735915_site_icon-32x32.png privilegien – Der k_eine Unterschied 32 32 Über Privilegien und Diskriminierungen – ein persönlicher Erfahrungsbericht /ueber-privilegien-und-diskriminierungen-ein-persoenlicher-erfahrungsbericht/ /ueber-privilegien-und-diskriminierungen-ein-persoenlicher-erfahrungsbericht/#comments Tue, 27 Jan 2015 11:01:57 +0000 /?p=1475 Continue reading Über Privilegien und Diskriminierungen – ein persönlicher Erfahrungsbericht ]]> pinkblume Dieser Text ist ein Gastbeitrag von @Mandelbroetchen.

Mir geht es gut

Ich bin 35 Jahre jung, gesund, intelligent, Single und habe eine gute Ausbildung als Diplom-Mathematiker. Ich arbeite in einem Finanzinstitut und verdiene gut. Ich habe keine finanziellen Verpflichtungen, keine Familienmitglieder, um die ich mich kümmern müsste. Kurz: ich bin relativ jung, gebildet und unabhängig.

Mir geht es nicht gut

Ich bin agender und asexuell. Das bedeutet, dass ich mich keinem Geschlecht zugeordnet fühle und kein Verlangen nach sexueller Interaktion habe. Generell besitze ich eine große innere Distanz zu vielen Lebensbereichen, die anderen Menschen wichtig und alltäglich sind. Es ist für mich spannender, ein Muster in den Deckenplatten zu analysieren, als mit meinen Kolleg*innen über das Wetter zu reden. Freundschaften bedeuten mir nicht viel; ich arbeite mich lieber in ein kompliziertes Sachthema ein. Das gibt mir Energie und Lebensfreude. All diese Dinge habe ich mir nicht ausgesucht. Sie sind einfach so – so wie einige Menschen sich zu gleichgeschlechtlichen Partner*innen hingezogen fühlen.

Das sind aber nicht die Gründe, weshalb es mir nicht gut geht, denn meine Identität ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Mir geht es nicht gut, weil ich in einer Gesellschaft leben muss, in der viele Menschen sehr anders funktionieren als ich und die gesellschaftlichen Prozesse und Rituale nicht auf Menschen wie mich ausgelegt sind.

Mir ging es schon wesentlich schlechter

Ich stamme aus bescheidenen Verhältnissen. Als Sohn eines Schlossers und einer Putzfrau wuchs ich zwar nicht in einer ärmlichen Umgebung auf, doch Bildung und Kultur waren bei uns kein Thema. Abitur war in meiner Familie kaum vorstellbar, geschweige denn ein Studium oder gar eine Promotion.

Als Kind und Jugendlicher hatte ich große Probleme mit dem Rollenkonstrukt der Männlichkeit, das meine Familie und die Gesellschaft mir aufdrücken wollten. Ein junger Mann, der partout nicht handwerklich tätig sein und bei der Hausrenovierung helfen wollte? Nein, das war in Arbeiterkreisen unvorstellbar. Schon so kleine Dinge wie die Weigerung, Auto zu fahren, führten zu großen Familienkrisen. Ich flüchtete mich in mein Studium und zog 700km von Zuhause weg.

Mein Studium war für mich organisatorisch sehr anstrengend. Ich musste mich mit BAföG, Halbwaisenrente und Nebenjobs über Wasser halten. Ich hatte mit Mitstudierenden zu tun, die aus wohlhabenden und gebildeten Familien stammten und völlig anders lebten als ich.

Es gab Zeiten in meinem Leben, da hatte ich keine Kraft den Telefonhörer abzunehmen oder die Wohnungstür zu öffnen. Ich wusste, dass da draußen nur Menschen waren, die von mir verlangten, mich gemäß einer gesellschaftlichen Norm zu verhalten, die nicht zu mir passte. Ich ging nur noch kurz vor Ladenschluss einkaufen und lebte nachts. Vorlesungen besuchte ich so gut wie nie – ich brauchte sie nicht. Soziale Medien im Internet gab es noch nicht.

Ich hatte Angst auf Partys zu gehen und mich mit Unbekannten über Belanglosigkeiten unterhalten zu müssen. Ich habe noch heute mit körperlichen Panikattacken zu kämpfen, wenn ich in unbekannte, überwiegend männlich dominierte Gruppenstrukturen komme. Schweißausbrüche, zittrige Hände. Ich kann es überspielen, denn geistig habe ich die Probleme schon hinter mir gelassen. Aber die Vergangenheit meldet sich noch heute.

Der Abschluss meines Studiums und meine ersten Berufsjahre halfen mir sehr. Zum einen war es für mich eine Bestätigung, dass ich die Anforderungen der Gesellschaft erfüllen konnte. Zum anderen erfuhr ich Bestätigung durch andere, da mein Mathematikabschluss von ihnen ernstgenommen wurde – was wiederum meinem Selbstwertgefühl half.

Ich habe gelernt zu schweigen, damit es mir besser geht

Ich habe ein großes Privileg: meine Abweichungen von der Norm sind alle unsichtbar. Wenn ich einen Raum betrete, so sehen die Menschen zunächst einen jungen, weißen Mann, der Anzug trägt und sich höflich und freundlich verhält. Wenn ich in Gesprächen über eine (frühere) Partnerin rede, so gelte ich sofort als heterosexuell und damit normkonform.

Ich habe gelernt, damit zu arbeiten. Ich habe mir ein konservatives Auftreten zugelegt. Ich habe gelernt, mich zu verkaufen und auch mal harte Positionen zu vertreten. Kurz: ich habe mich äußerlich angepasst, ohne mein Wesen zu ändern.

Diese Anpassung hat mir viele Türen geöffnet. Ich vermittle Menschen bewusst ein unbewusstes Bild, das in ihre Weltansicht passt und dort nicht sanktioniert wird. Ich profitiere davon und habe kein schlechtes Gewissen dabei. Es ist für mich ein Mittel zum Zweck, weil ich es nicht einsehe, grundlos wegen meines Wesens bestraft zu werden.

Anderen Menschen geht es nicht so gut wie mir

Ich befinde mich im Vergleich zu vielen anderen Menschen in einer privilegierten Stellung. Einerseits bin ich nicht Teil des cis-männlichen, heterosexuellen Systems, andererseits kann ich meine Abweichungen aber äußerlich verbergen. Dieses Privileg in der Diskriminierung haben vergleichsweise wenige Menschen. Ich habe lange gebraucht, um diesen Unterschied zu verstehen.

Wenn ich als normgerecht wahrgenommen werden möchte, so ziehe ich statt einem Kleid eben einen Anzug an. Da ich agender bin, stört mich das eine so wenig wie das andere. Ich habe gelernt, dass sich andere Menschen nicht für meine spezielle mathematische Sichtweise interessieren. So suche ich mir Themen, von denen ich denke, dass sie das Gegenüber spannend findet und meide meine eigene Art zu diskutieren. Das ist für mich nicht befriedigend, denn auch ich möchte mein Wesen offen ausleben, aber es ist möglich und erlaubt mir ein Berufsleben ohne gesellschaftliche Barrieren.

Für mich leitet sich aus diesem Privileg aber auch eine Verantwortung ab. Ich kann meine Privilegien nicht ablegen, selbst wenn ich das wollte. Aber ich kann dafür sorgen, dass andere Menschen, die nicht so viel Glück haben, irgendwann einmal über weniger Steine gehen müssen. Ich habe für mich den Weg über politisches Engagement und Sichtbarkeitsaktivismus gewählt. Es ist nur ein kleiner Beitrag zur Verbesserung der Situation für Normabweichler*innen, aber insbesondere gesellschaftliche Sichtbarkeit ist ein wichtiger erster Schritt.

Kenne deine Privilegien und Diskriminierungen

Ich würde mir wünschen, dass mehr Menschen in sich gehen und sich überlegen, welche Vorteile sie im Leben aufgrund ihrer Geburt in ein vorgefertigtes System erfahren. Der Volksmund sagt, dass jeder Mensch anders ist. Das mag stimmen, aber nicht alle Formen der Andersartigkeit münden in gesellschaftlicher Diskriminierung und nicht jede Diskriminierung kann im gesellschaftlichen Leben überspielt werden.

Es ist keine Schande, Privilegien zu besitzen und davon zu profitieren. Es wäre aber eine Schande, wenn man nicht an deren Abbau mitarbeitet. Wenn sich ein System von innen heraus verändern soll, so braucht es Menschen mit Privilegien, die sich für für ihren Abbau einsetzen und die für Erfahrungsberichte von diskriminierten Menschen ein offenes Ohr haben.

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Kontext zu Rassismus: Rassismus im Kontext /kontext-zu-rassismus-rassismus-im-kontext/ /kontext-zu-rassismus-rassismus-im-kontext/#comments Thu, 08 Jan 2015 17:55:07 +0000 /?p=1403 Continue reading Kontext zu Rassismus: Rassismus im Kontext ]]> jenesuispascharlie

[CN für alle Links: Rassismus] Frankreich trauert. Europa, die Welt, wir alle trauern um zwölf Menschen. Das Massaker an den Redakteuren von Charlie Hebdo ist ein abscheuliches Verbrechen, eine Tat, die keine Rechtfertigung kennt. Die Morde sind furchtbar, schrecklich, widerlich. Es gibt kein Drumherumreden.

Dennoch bin ich nicht Charlie . Ich trauere um die Toten, aber ich will mich nicht mit einem Satireblatt identifizieren, das allzu oft Rassismen und Islamophobie reproduziert hat. Seit ich diese Tendenzen benenne, wird mir unterstellt, ich wäre irgendwie auf der Seite der Attentäter. Ich würde „victim blaming“ betreiben. Nele Tabler ärgerte sich so sehr über Menschen, die der Meinung sind, Charlie Hebdo könnte mit einigen Bildern Rassismus reproduziert haben und sei deshalb nicht vollkommen unkritisch zu lesen , dass sie einen Blogbeitrag dazu schrieb . Darin schreibt sie:

Obwohl ich schon seit vielen Jahren keine Ausgabe von Charlie Hebdo mehr in der Hand hatte, befindet sich unter den Beispielen auch eine Karikatur, die ich nicht nur kenne, sondern die sogar in meinem Arbeitszimmer an der Wand hängt. Es stellt die französische Justizministerin Christiane Taubira, eine PoC, als Affen dar.

[…] Dass vor knapp zwei Jahren in Frankreich die Ehe für alle (Mariage pour tous) in Kraft trat, ist vor allem der Entschiedenheit, dem Einsatz und den rhetorischen Fähigkeiten von Christiane Taubira zu verdanken. […] Im November 2013 zeigte das Cover der rechten Wochenzeitung Minute ein Foto von ihr und titelte: Maligne comme une singe. Taubira retrouve la banane. (Schlau wie ein Äffin. Taubira trifft [?] eine Banane. [Bin mir unsicher, wie mit welchem Wortsinn retrouver hier übersetzt werden soll]. Schon zuvor war die Ministerin auf Facebookseiten und Demoplakaten mehrmals als Affe bezeichnet worden.

[…] Irgendwann in jenen #idpet Wochen wachte ich nachts auf und wusste plötzlich, was Charlie Hebdo mit der Affenkarikatur bezwecken wollte. Ich wünschte mir das Talent und die Kreativität, jene Hasskommentare ebenso bildlich umsetzen zu können. In eine Karikatur, die klipp und klar zeigt: Das wird gesagt. Das ist gemeint. So sind diese Leute unterwegs. Ein einziges Bild, das mit der ganzen Schlechtigkeit im Gedächtnis hängen bleibt. Und nicht nur eine wage Erinnerung an „Überempörung“, weil inzwischen doch alles wieder gut ist.

Leider kann ich weder zeichnen noch hatte ich entsprechende Ideen, wie so etwas umgesetzt werden könnte. […] Mir blieb nur, die Affenkarikatur auszudrucken, zu rahmen und an die Wand zu hängen.

Ich verstehe sie so, dass sie diese satirische Darstellung (hier ein Link zu einem Tweet mit dem Bild ) für sich umdeutete, „verstand“. Dass sie im Kontext ihrer eigenen, höchst negativen Medienerfahrung etwas Positives für sich herauszog. Und sich daher die Karikatur rahmte und an die Wand hängte.

Nele Tabler plädiert dafür, Karikaturen und Satire streng im Kontext zu lesen, in dem sie entstanden. Das ist ein hehrer Wunsch. Spätestens seit dem Beginn der Postmoderne machen sich Inhalte gern selbstständig, werden zitiert, herumgereicht, kurz: entkontextualisiert. Daher ist der Forderung, einen Inhalt streng im Kontext zu lesen, heutzutage gar nicht so einfach beizukommen. Fehlende Kontexte müssen erst mühsam recherchiert werden, und wer macht sich diese Mühe noch in unserer schnellebigen Zeit?

Was bleibt, sind die Bilder, die Inhalte. Und diese normalisieren Rassismus. „Es ist in Ordnung, Schwarze Menschen als Affen darzustellen!“, sagen sie. „Ist doch lustig, lacht halt einfach mit!“, fordern sie.

Vergessen wird bei dieser Argumentation um die Berücksichtigung von Kontext, dass auch Rassismus Kontext hat. Blackface , zum Beispiel. „Ist doch lustig, sich mal als wer anders zu verkleiden! Schwarze dürfen sich doch auch weiß anmalen, wieso also nicht weiße schwarz?“ Kontext, Kontext! Blackface hat, ebenso wie rassistische Karikaturen, eine lange Tradition . Eine Verletzungsgeschichte, die auf der Vormacht weißer Menschen aufbaut und die die Gefühle, Meinung, Würde von Schwarzen Menschen außen vor lässt. Nein, es ist nicht ok, sich sein Gesicht „mit Schuhcreme, Kohle, was auch immer“ anzumalen und Schwarz zu „spielen“. Und nicht nur, dass wir Weißen gern den Kontext von Rassismus vergessen (wie bequem!), nein, mit derartigen „lustigen“ Aktionen werden auch die Rassismuserfahrungen von PoC entkräftet.

Vielleicht würde ein Foto von Christiane Taubira, wie sie sich selbst gern in der Öffentlichkeit zeigt, sich ebenso gut an Nele Tablers Wand machen, eine ähnliche Botschaft aussenden – und ihr auch noch respektvoll begegnen.

christiane_taubira

Im Zuge des germeinsamen Weges zu mehr Awareness daher mein Appell: Trauert um die Opfer des furchtbaren Mordanschlags. Ich tue es auch. Und überdenkt dennoch, ob ihr wirklich ganz und gar hinter den Inhalten von Charlie Hebdo stehen wollt – in aller Konsequenz.

Nachtrag vom 14.01.2015: Liebe Nele Tabler: Ich biete dir hiermit an, die von dir vermisste Karikatur von dir zu malen. Vielleicht ist das ein erster Schritt aufeinander zu.

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Feminist Fun: Das böse F-Wort /feminist-fun-das-boese-f-wort/ /feminist-fun-das-boese-f-wort/#respond Fri, 21 Nov 2014 13:19:20 +0000 /?p=1169

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Toleranz – Wer muss sich was gefallen lassen? /toleranz-wer-muss-sich-gefallen-lassen/ /toleranz-wer-muss-sich-gefallen-lassen/#comments Tue, 11 Nov 2014 18:33:38 +0000 /?p=1132 Continue reading Toleranz – Wer muss sich was gefallen lassen? ]]> stinkfing5 Mir ist gerade der Kragen geplatzt. Die ARD ruft zu so genannten „Toleranzwochen“ auf, um in verschiedenen Sendungen von selbsternannten Expert_innen mal wieder durchdiskutieren zu lassen, was sich Leute, die ohnehin schon privilegiert sind, noch alles von Diskriminierten gefallen lassen müssen – und was nicht.

Wer Genaueres darüber erfahren möchte, kann das hier nachlesen: Toleranzwoche bei der ARD: Spiel ohne Reflexion

Ich hab diese Verachtung so satt! Ich bin eine lesbische Frau*. Und ich frage mich, was wir – die “Unnormalen” – uns eigentlich noch alles bieten lassen müssen. Und ob meine Toleranz gegenüber Privilegierten nicht langsam am Ende ist. Deshalb möchte ich die ARD und diejenigen, die als sogenannte „Norm“ und Mehrheit gelten, auch mal was fragen:

Müssen wir es uns gefallen lassen, nicht die gleichen Rechte wie unsere Mitbürger_innen zu haben?

Müssen wir es uns gefallen lassen, in den öffentlich rechtlichen Programmen diskreditiert zu werden? Damit es weiter salonfähig bleibt, unser Leben und unsere Menschenwürde zu diskutieren?

Müssen wir es uns gefallen lassen, als öffentliches Ärgernis zu gelten, wenn wir uns einfach im Alltag frei auf der Straße bewegen?

Müssen wir es uns gefallen lassen, dass unser Intimleben ständig als pervers, gestört und unnormal bezeichnet wird?
IHR MACHT MICH KRANK!

Müssen wir es uns eigentlich gefallen lassen, von anderen nie gefragt zu werden, was wir uns alles gefallen lassen müssen?

Wo ist eure Empathie? Wo ist eure Menschlichkeit? Eure Nächstenliebe? Fragt uns doch einfach mal! Wie es uns bei alldem geht. Wie weh das tut, ständig verletzt zu werden und von anderen nur ein Schulterzucken zu kassieren, wenn eins diese Probleme anspricht.

„tolerare“ = erleiden, erdulden : Wir leiden unter euch , verdammte Scheiße, nicht umgekehrt.

[Tipp: Zum Begriff Toleranz hat @sanczny auch schon Gedanken aufgeschrieben: Toleranz ist Nettigkeit für Menschen, die anders sind, nachdem wir sie anders gemacht haben.

Und noch ein kurzer und wichtiger Nachtrag:

Die SZ hat das Thema genau mit dem richtigen Fingerspitzengefühl behandelt: Hier berichten Diskriminierte über ihre Erfahrungen im Alltag. Damit wird sehr gut vor Augen geführt, wie sich hinter scheinbar harmlosen Fragen/Kommentaren Rassismus, Ableismus, Heterosexismus versteckt – und wie Betroffene unter diesen beständigen Sticheleien leiden: Ausgrenzen mit vier Buchstaben

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Awareness oder Awareless: Gedanken zum Fehlermachen /awareness-oder-awareless-gedanken-zum-fehlermachen/ /awareness-oder-awareless-gedanken-zum-fehlermachen/#comments Wed, 29 Oct 2014 18:41:40 +0000 /?p=1104 Continue reading Awareness oder Awareless: Gedanken zum Fehlermachen ]]> diegruetze

Ich habe vor einigen Tagen Scheiß gebaut. Begonnen hat alles mit dem Artikel über Jürgen von der Lippe, der einen Schwall misogyner, biologistischer Äußerungen und flacher Witze losließ und es damit auf Spiegel online schaffte. So weit, so normal, so traurig. Es ist an der Tagesordnung, dass weiße Cis-Männer Stimmung machen gegen Gruppen, denen sie nicht angehören. Mich macht das jedes Mal traurig und wütend, zumal die Argumentationslinien eigentlich immer von vollständiger Unfähigkeit zum Aneinanderreihen logischer Schlüsse sowie mangelnder Empathie zeugen.

Ich wähle in solchen Fällen oft einen satirischen Umgang mit dem aktuellen Stein des Anstoßes: Ich versuche, die Aussagen weiter zu überspitzen und so auch für die un-awarste Person der Welt ins Absurde zu treiben. Mir hilft das meist, Distanz zum Thema zu bekommen.

Dieses Mal griff ich damit allerdings vollkommen ins Klo. Denn meine eigene Satire ließ sich nicht von dem Flachwitz von Herrn von der Lippe unterscheiden. Im Gegenteil, mein Verhalten war leicht so lesbar, dass ich die misogyn-biologistische Meinung unterstützte!
Ich merkte das allerdings erst, als ich auf Twitter darauf hingewiesen wurde. Mehrfach.

Zunächst verhielt ich mich nicht eben wie eine erwachsene Person, wenn sie einen Call-out erhält: Ich blockte ab, leugnete, relativierte. Ich rechtfertigte mich, forderte für mich Verständnis ein und verstand die Argumente meiner Kritiker*innen nicht. „Ich bin doch Queer-Feministin, die sind doch per definitionem nicht biologistisch, wie kann ich da biologistische Scheiße verzapfen?“ So lautete mein inneres Argument, das mich davon abhielt, weiter nachzudenken und mit unvoreingenommenen Augen meine eigenen Aussagen anzuschauen.

Tja, Pustekuchen. Denn natürlich kann sich auch eine Queer-Feministin kacke und biologistisch verhalten – zum Beispiel, wenn sie ihr Verhalten in bestimmten Kontexten sieht – und die Augen vor anderen Kontexten verschließt.

Inzwischen sehe ich meinen Fehler deutlich. Und auch, wenn ich etwas „nicht so gemeint habe“, gilt natürlich: Gut gemeint ist das Gegenteil von gut gemacht. Ebenso, wie Frauen* sexistisch sein können, kann auch ich als Queer-Feministin biologistische Diskriminierung reproduzieren. Auch klar ist mir inzwischen, dass ich durch mein unawares und unreflektiertes Verhalten Menschen verletzt habe. Dafür möchte ich hier nochmals um Entschuldigung bitten – rückgängig machen kann ich das Geschehene leider nicht.

otherland2

Ich bin sehr froh um diejenigen, die Stellung bezogen haben gegen meine Aussagen. Und um die, die die Zeit und Kraft gefunden haben, sich mit meinem Verhalten auseinanderzusetzen und mir zu erklären, wo ich meinen Fehler nicht von mir aus gesehen habe. Dass diese Art von Feedback nicht einforderbar ist, ist mir bewusst, und umso dankbarer bin ich, es erhalten zu haben.

Menschen werden nicht aware für Diskriminierungen geboren, im Gegenteil: Die Mechanismen der Sozialisation tun ihr Möglichstes, sie früh in den Mainstream einzupassen, und der ist alles, aber nicht aware. (Ich verwende die Begriffe „Awareness“ und „aware sein“ im Sinne der Bewusstheit, dass vielfältige Diskriminierungsstrukturen existieren, von denen einige profitieren und von denen andere ausgeschlossen sind, und dem daraus folgenden Wunsch, diese Strukturen mindestens im eigenen Handeln und Denken zu überwinden.) Natürlich gibt es auch Menschen, die Diskriminierungen und die dahinterliegenden Strukturen schon früh erkennen gelernt haben, sei es durch Erziehung oder eigene frühe Lernerfahrungen. Die Regel ist das aber leider nicht.

Für mich war mein persönliches Aware-Werden ein Prozess, der nicht gerade systematisch verlief. Ich bin da so irgendwie reingestolpert, Schrittchen für Schrittchen, weil mir Menschen wichtig sind. Alle Menschen. Nicht nur die schönen schlanken weißen Upperclass-Cis-Heten, die einer überall um die Ohren gehauen werden. Und irgendwann auf dem Weg begann ich, Diskriminierungen wahrzunehmen. Erst in einem Bereich, dann in einem weiteren, und so weiter. Ich habe die einschlägigen Werke der feministischen Primärliteratur nicht gelesen. Mein Zugang ist hemdsärmelig. Ich bin eine von denen, die im Bereich Antidiskriminierung die Sekundärliteratur bevorzugt. Weil sie meist näher an meinem Alltag und verständlicher aufbereitet ist, und weil meine Kapazitäten für theoretische Abhandlungen begrenzt sind durch meine berufsbedingte Beschäftigung mit karger Fachliteratur.

Auch darum mache ich Fehler, und ich mache sie nicht zu knapp. Vor wenigen Jahren noch wäre ich eine von denen gewesen, die nicht verstanden hätte, was Cis-Sexismus überhaupt sein soll, auf welch vielfältige Weise mein Weiß-sein mir das Leben erleichtert oder welche Vorteile ich durch meine Heterosexualität genieße. Ich hatte so viele leere Flecken auf der Landkarte „Awareness“, ich kann sie gar nicht zählen. Mit der Zeit wurden diese Bereiche weniger. Ich verstand mehr. Die Zusammenhänge, die Strukturen, wer auf welche Weise von Diskriminierung profitiert.

Viele Lektionen lernte ich durch die Fehler, die ich machte. Fehler im Umgang mit anderen, bei denen ich mich – natürlich! – zunächst im Recht sah und nicht die Notwendigkeit, mein Verhalten zu hinterfragen. Fehler, bei denen ich andere Menschen verletzte, ihnen Unrecht tat – und es oft erst viel später merkte. „Sich seiner eigenen Privilegien bewusst zu werden, ist ein schmerzhafter Prozess!“ sage ich inzwischen oft, und ich sage es aus Erfahrung. Diese Art von Offenheit, die nötig ist, um Kritik zuzulassen, macht auf sehr persönlicher Ebene verletzlich. Wenn ich Fehler eingestehen muss, dann muss irgendwas an meinem Bild der Welt, meinen Werten, meinen Normen, falsch gewesen sein! An mir. Wer weiß, was dann noch alles falsch ist? Fehler machen und zugeben ist wohl niemandes Lieblingsbeschäftigung .

Umso wichtiger finde ich es als Person, die bereits einige Schritte auf dem Weg zu Awareness gegangen ist, offen für Kritik zu bleiben, und einen positiven Umgang mit Fehlern zu pflegen, bei mir selbst und, wenn die Kraft da ist, auch bei anderen.

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Unser Ticket für Brasilien /unser-ticket-fuer-brasilien/ /unser-ticket-fuer-brasilien/#respond Sun, 01 Jun 2014 14:50:56 +0000 /?p=904 Continue reading Unser Ticket für Brasilien ]]> Das ist ein Artikel von Oecan. Auf Twitter findet ihr ihn unter @oecan_ , wo er unter anderem zu Feminismus und Umweltthemen postet. Er ist gelernte Linguste mit einer Schwäche für Rechtschreibung.

Am 12. Juni beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer in Brasilien. Sie ist im Land umstritten. Viele Brasilianer*innen freuen sich darauf, aber es gab und gibt auch starke Proteste . Das Land hat die sechstgrößte Wirtschaft der Welt, doch die Unterschiede zwischen Armen und Reichen sind groß. Die Protestierenden sind der Meinung, dass die Milliarden Euro, die für den Bau von Stadien ausgegeben werden, besser in die Bildungs- und Gesundheitssysteme des Landes investiert gewesen wären . Diese Systeme benachteiligen arme Menschen, die sich private Vorsorge und Privatschulen nicht leisten können.

Mir persönlich war die WM lange gleichgültig bis unsympathisch. Von den Protesten in Brasilien habe ich zunächst wenig mitbekommen. Ich hatte einfach keine Lust auf patriotisches Gejubel und Schwarz-Rot-Gold. Seit der WM 2006 in Deutschland, bei der das ausgelassene Fahnenschwingen wieder üblich wurde, hatten wir eine ganze Menge davon in den letzten Jahren, und ich bin es leid. Die Europawahl hat deutlich gezeigt, dass der Nationalismus in Europa stärker wird, und mir sind Rufe wie „Schland, Schland“ oder „Allez les Bleu“ verdächtig.

fussball

Trotzdem: Ich mag Fußball. Ich schaue es gern. Ich mag es auch, mich mit einer Mannschaft zu identifizieren und mitzufiebern. Es muss auch nicht immer die deutsche sein. Und so entwickle ich doch allmählich eine gewisse Vorfreude. Es ist lange nicht genug, um nach Brasilien zu fahren und dort dabeizusein, aber ich bin ziemlich sicher, dass ich mir einige (viele ;-)) Spiele im Fernsehen ansehen werde.

Und hier hatten TQ und ich eine Idee. Auch wir kaufen uns Tickets für Brasilien! Wie die Fans, die zum Spiel ins Stadion gehen. Aber im Unterschied zu den FIFA-Tickets, von deren Einnahmen die Brasilianer*innen wenig haben, wollen wir versuchen, unser Geld den Menschen in Brasilien zugutekommen zu lassen, die es am dringendsten brauchen. Es ist der Versuch, einen Ausgleich zu schaffen dafür, dass nicht sie, sondern wir von der Ausrichtung der WM im Land profitieren. Zum Beispiel wurde in der Hauptstadt Brasilia ein großes Stadion gebaut, das nach der WM leerstehen wird, weil es dort keine Erst- oder Zweitligamannschaften gibt. Andere Arenen, gerade erst modernisiert, wurden aufgrund von FIFA-Auflagen erneut umgebaut. Eine U-Bahn ist in einem reichen Viertel von Rio de Janeiro entstanden, während der Nahverkehr aus den armen Vororten überlastet ist.

Wir sind uns bewusst, dass Spenden aus der Ferne problematisch sind und übergriffig und von oben herab wirken können. Wir haben daher nach Organisationen gesucht, die in Brasilien arbeiten, um das Leben armer Menschen dort zu verbessern. Gefunden haben wir diese beiden Organisationen:

Brazil Foundation

Monte Azul Brasilien

Wollt ihr auch ein Ticket für Brasilien? Das ist großartig! Und sehr einfach: Bitte spendet einen Betrag, den ihr für ein Fußballticket für angemessen haltet, oder den ihr euch leisten könnt. Was ein WM-Ticket wirklich kostet, ist gar nicht so leicht rauszukriegen, aber 50 Euro für eine Spende ist unser Vorschlag für Menschen, die sich das leisten können, und entsprechend weniger für die, die die gute Sache unterstützen wollen, obwohl sie nicht so viel geben können.

Anschließend könnt ihr euch den „Ticket für Brasilien“-Sticker herunterladen und selbst einbauen:

Banner zum selbst einbauen.
Sticker zum selbst einbauen.
Icon "Unser Ticket für Brasilien"
Das PNG als Overlay für den Avatar.

Oder ihr könnt ihn hier automatisch eurem Twitter- oder Facebook-Avatar hinzufügen lassen .

Und wenn euch jemand danach fragt, was das bedeutet, verlinkt einfach hierher. Dankeschön, und viel Spaß bei der WM :-))

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Hegemoniale Männlichkeit (Teil 2) – Oder: Gewalt gegen Frauen hat System /gewalt-gegen-frauen-hat-system/ /gewalt-gegen-frauen-hat-system/#comments Thu, 29 May 2014 16:57:52 +0000 /?p=832 Continue reading Hegemoniale Männlichkeit (Teil 2) – Oder: Gewalt gegen Frauen hat System ]]> Vergangenen Samstag erschoss ein Amokläufer in Santa Barbara/Kalifornien sechs Menschen und verletzte einige schwer. Als nach der Bluttat deutlich wurde, dass das Motiv Misogynie eine wichtige Rolle dabei spielte (unter anderem hatte der Schütze ein 140seitiges Manifest über seinen Frauenhass verfasst), wurde auf Twitter angeregt, unter dem Hashtag #yesallwomen bedrohliche Erfahrungen bzw. Gewalterfahrungen von Frauen* zu sammeln: „Let’s discuss what „not all men“ might do, but women must fear.“ (Näheres über den Amoklauf und den Hashtag gibt es auf kleinerdrei zu lesen).

oheimdusk

Genau dieser Satz ist meiner Meinung nach der Schlüssel zum Verständnis von strukturellem Sexismus und hegemonialer Männlichkeit¹, wobei Frauen per se weniger als eigenständige Menschen und eher als Objekte bzw. Trophäen gesehen werden. Denn wie wird die Hegemonie (Vorrangstellung) von Männern* (bevorzugt von WHMs; näheres dazu im 1. Teil ) aufrechterhalten? Zum einen dadurch, dass Männern* Autorität zugesprochen und Frauen* ebendiese abgesprochen wird; dies geschieht unter anderem auch, indem die Sexismus-Erfahrungen von Frauen kleingeredet werden. Zum anderen wird der Status Quo durch optionale Androhung und Anwendung von Gewalt gegen Frauen aufrecht erhalten.

Und genau hier liegt der Knackpunkt: Sicher schlagen, vergewaltigen und töten nicht alle Männer* Frauen* – aber alle Frauen* – yesallwomen – müssen mit einem Gefühl der ständigen Bedrohung leben. Fast jeder Mann* ist somit für fast jede Frau* mindestens ein potenzieller Vergewaltiger. Oder einer, der nicht einschreitet, wenn du sexuell belästigt oder vergewaltigt wirst. Weil du das ja vermutlich provoziert hast. Durch dein Aussehen. Deine Kleidung. Dadurch, dass du eine Frau* bist.

Zusätzlich zu der Angst vor einer solchen Gewalttat kommt die Angst dazu, was danach kommt: Es wird angezweifelt werden, dass an dir überhaupt eine Gewalttat verübt worden ist. Es ist unklar, ob der Täter überhaupt verurteilt wird – weil du ja eine Mitschuld trägst, dass er dich überhaupt angegriffen hat. Und du überhaupt in seine Wohnung gegangen, in sein Auto eingestiegen, in die Disco/zum Joggen/zu deinem Arbeitsplatz gegangen bist. Oder weil zwar erwiesenermaßen eine Vergewaltigung stattgefunden hat, aber du dich nicht (ausreichend) gewehrt hast. Allein dass du da bist, gilt schon als Einladung, mindestens über deine Zeit oder – im schlimmsten Fall – deinen Körper zu verfügen. Zurückweisung ist unerwünscht.

Im Gegenzug werden schon jungen Mädchen* Unterwerfungsgesten etc. anerzogen, um ihr Gegenüber bloß nicht zu reizen – also auch in unangenehmen Situationen immer nett lächeln, den Kopf schief legen und Interesse signalisieren. Ein fataler Fehler, denn gerade Mädchen* und Frauen*, die sehr schüchtern und unbeholfen wirken, werden oft angegangen, weil der Täter hier keine Gegenwehr erwartet. (Näheres zum Thema und warum Männer* sich schwer tun, ihre Grenzüberschreitungen zu bemerken: Why men can’t see )

spagat

Und alle Männer* – auch die, die das gar nicht so wollen – profitieren von diesem Machtgefälle, weil Frauen* schon dankbar sind, wenn ihr männliches Gegenüber sich an die Grundregeln menschlichen Beisammenseins hält, ausnahmsweise keine sexistischen Bemerkungen macht und nicht übergriffig wird. Schon das Ausbleiben eines solchen Benehmens wird als Verdienst des Mannes* bewertet. Im Gegensatz dazu gibt es genügend Männer*, die Frauen* schlagen, vergewaltigen und töten, wenn diese von dem Selbstbestimmungsrecht über ihren Körper Gebrauch machen und keinen Sex/keine Beziehung (mehr) haben wollen. (Diese Tumblr-Page sammelt Berichte über Morde an Frauen*: When Women Refuse )

Der Amoklauf von Santa Barbara ist somit leider kein Einzelfall und nicht die Tat eines einzelnen „Verrückten“², sondern das Ergebnis einer Gesellschaft, die Jungen* und Männer* in dem Glauben erzieht, Frauen* und deren Körper bzw. Sexualität müssten ihnen zur Verfügung stehen.

„Men are afraid that women will laugh at them. Women are afraid that men will kill them.“ (Margaret Atwood)

¹ Der Ausdruck „Hegemoniale Männlichkeit“ wird statt dem Begriff Patriarchat in den wissenschaftlichen Diskursen der Men’s Studies verwendet, da letzterer als zu undifferenziert eingestuft wird. Es geht nicht einfach um eine Vorherrschaft der Männer, sondern um die Privilegien bestimmter Formen von Männlichkeit, die nicht nur der Weiblichkeit per se, sondern auch anderen Formen von Männlichkeit als überlegen gelten. Soziale Strukturen wie class und race müssen neben dem Geschlecht ebenso beachtet werden. Abgeleitet ist das Konzept vom Hegemoniebegriff Antonio Gramscis, der diesen für Klassenbeziehungen entwickelt hatte.

² Zum einen ist noch nicht wirklich erwiesen, dass der Amokläufer überhaupt psychisch krank war – zum anderen bedeutet es nicht, dass psychisch Kranke automatisch keine Kontrolle mehr über ihr Tun haben. Wie bereits im Fall des Amokläufers Breivik in Norwegen ist die Frage nach der Zurechnungsfähigkeit einer Mörders eine sehr heikle.

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Ein Gedicht: Glücksgefühl /ein-gedicht-gluecksgefuehl/ /ein-gedicht-gluecksgefuehl/#respond Wed, 28 May 2014 17:25:16 +0000 /?p=815 Continue reading Ein Gedicht: Glücksgefühl ]]> Sie redet nicht gern mit den Schmuddelkindern,
ganz schmutzig und hässlich sind die.
Erst wenn sie sich gewaschen haben,
erst dann beachtet sie sie.

Die Themen von den Schmuddelkindern,
das sind ja ihre so garnicht.
Armut, Arbeit, Angst und Wut,
dabei ruht sie so glücklich in sich!

Die wütenden, tobenden Schmuddelkinder,
mit denen mag sie nicht streiten.
Die haben gar keine Argumente,
die haben nur ihr Leiden.

Nur manchmal denkt sie an die Schmuddelkinder,
und bedauert die armen ein Stück!
Zum Bedauern, da muss man nichts ändern,
vor allem sich selbst nicht, zum Glück.

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Feminist Fun: Wie Privilegien funktionieren /feminist-fun-wie-privilegien-funktionieren/ /feminist-fun-wie-privilegien-funktionieren/#respond Fri, 11 Apr 2014 09:46:53 +0000 /?p=790 Wie Privilegien funktionieren

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Hegemoniale Männlichkeit – oder: Dürfen Frauen zurückschlagen? /hegemoniale-maennlichkeit-oder-duerfen-frauen-zurueckschlagen/ Sun, 06 Apr 2014 10:34:37 +0000 /?p=741 Continue reading Hegemoniale Männlichkeit – oder: Dürfen Frauen zurückschlagen? ]]> Fast jede_R kennt das: Macker/WHMs (weiße heterosexuelle cis-Männer) machen Witze und Sprüche, die Frauen oder Minderheiten beleidigen, erniedrigen oder ihnen sogar Gewalt androhen. Dazu gehören z.B. rape jokes sowie die dazugehörigen T-Shirts; auch in Filmen etc. werden Frauen als Gewaltopfer ästhetisiert dargestellt. Werden die WHMs dann von einer betroffenen Person darauf hingewiesen, dass das nicht witzig ist, sondern eine Verharmlosung von Gewalt, reagieren sie nicht etwa mit einer Entschuldigung, sondern mit Unverständnis und unterstellen Humorlosigkeit.

Doch Gewalt erzeugt Gegengewalt. Vor ein paar Tagen twitterte @Tofutastisch ein Bild von ihrem selbstgemachten T-Shirt mit dem Spruch „Macker gibt‘s in jeder Stadt – bildet Banden, macht sie platt.“ Und über sie brach ein Shitstorm herein. ( Der genaue Hergang ist hier nachzulesen ) Ist also einmal nicht die Frau die bedrohte, sondern es wird von ihr eine mögliche Gewaltausübung an Männern* auch nur in den Raum gestellt, ist die Kacke am Dampfen: Wie kann sie sich anmaßen, Gewalt an Privilegierten verüben zu wollen! Diese Furie!

Lagertha/Lathgertha (Shildmaiden) By Morris Meredith Williams (1881-1973) [Public domain], via Wikimedia Commons
Lagertha/Lathgertha (Shildmaiden) By Morris Meredith Williams (1881-1973) [Public domain], via Wikimedia Commons
Was von den Shitstormern aber als erstgemeinter Aufruf zur Hatz auf Männer* interpretiert wird (ja, auch Vergleiche zum Holocaust wurden gezogen), ist nur ein „Zurückschlagen“ mit dem Mittel der Ironie bzw. der Umkehrung – ein Akt der Selbstermächtigung, denn schließlich will eins sich auch mal zur Wehr setzen und angestaute Aggressionen abbauen. Die Ironie des T-Shirt-Spruchs zeigt sich bereits durch die Wortwahl: Die Rede war explizit nicht von Männern*, sondern eben von Mackern – also einem bestimmten Typ Mann mit entsprechender Attitüde. Es wird also zum Gegenschlag gegen diejenigen aufgerufen, die beständig – verbal oder auch physisch – Gewalt gegen Frauen ausüben. Durch die strukturelle Ungleichheit ist das aber keine wirklich ernstzunehmende Drohung, denn wer würde sich denn nun wirklich einen Frauenschlägertrupp vorstellen, der marodierend durch die Straßen zieht und Macker vor sich hertreibt?

An diesem Beispiel wird deutlich, wie hegemoniale Männlichkeit funktioniert: WHMs geben mit ihrer Deutungshoheit vor, was als Gewaltandrohung gilt und was nicht. Zu beachten ist hierbei, dass diese optionale Androhung von Gewalt nicht nur Frauen trifft, sondern auch unterschiedliche Konzepte von Männlichkeit existieren, die in einer Hierarchie zueinander stehen: Als un-männlich geltende Männer (z.B. Schwule oder Feministen) stören die Geschlechterdichotomie, da sie angeblich effeminiert bzw. weibisch sind oder gar unter der Fuchtel von Frauen stehen.

Die Vormachtstellung der tonangebenden Männlichkeitskonzepte wird durch permanente Gewaltandrohung aufrechterhalten: Benimm dich so, wie man es von dir erwartet, dann bekommst du auch nichts auf die Schnauze, dann wirst du nicht vergewaltigt etc. Das läuft ziemlich unterschwellig ab, vergiftet aber unsere Gesellschaft. Wird der Spieß umgedreht, offenbart sich: Es ist Gewalt, anderen Gewalt anzudrohen, denn sonst würden sich die Maskulisten darüber nicht so aufregen. Und es wird offensichtlich, dass sie nicht so „männlich“ und hart sind, wie sie tun – denn sonst würden sie ohne mit der Wimper zu zucken aushalten, was für viele Frauen und Minoritäten der normale Alltag ist: Unter der permanenten Androhung von Gewalt leben und es einfach aushalten müssen, weil dir der Mund verboten wird mit einem einfachen: „War doch nur ein Witz! Jetzt hab dich doch nicht so!“

Männlichkeitsritual

Lesetipp (auch für Maskulisten und Anti-Feminist_innen):
Robert Connell: Masculinities , Berkley/L.A. 2005.

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